Man sieht auf dem Bild GPS Mitarbeiter und der Geschäftsführer der GPS zusammen mit einem Politiker auf dem Foto vor dem Bizeps Gebäude draußen bei schönen sonnigen Wetter.

Neues aus der GPS

Von Menschen, die keinen Platz in der Gesellschaft finden

In Niedersachsen gibt es kaum Betreuungsplätze für Menschen mit stark herausforderndem Sozialverhalten. Ihr Weg führt viel zu oft in die Forensische Psychiatrie. Die GPS möchte das ändern.
Man sieht auf dem Bild GPS Mitarbeiter und der Geschäftsführer der GPS zusammen mit einem Politiker auf dem Foto vor dem Bizeps Gebäude draußen bei schönen sonnigen Wetter.
Der Vorsitzende des niedersächsischen Sozialausschusses, Oliver Lottke (rechts) und der hiesige MdL Marten Gäde (3.v.r., beide SPD) sprachen mit Heinz Dieter Rode (von links), Petra Mingo, Claas Ohnesorge und Klaus Puschmann (alle GPS Wilhelmshaven) über fehlende Betreuungs- und Wohnangebote.

Umgeworfene Regale, kaputte Stühle, zerstörtes Spielzeug: es ist kaum vorstellbar, wie viel Kraft das Kind aufgebracht haben muss, das gleich drei Räume des Heilpädagogischen Kindergartens Leuchtfeuer verwüstet hat. Eskalationen wie diese sind selten, bei Kindern mit bestimmten Diagnosen kommen sie aber vor. Die GPS Wilhelmshaven bietet ihnen einen strukturierten Tagesablauf und in einer Wohngruppe im Heilpädagogischen Wohnverbund ein sicheres Zuhause – mit gutem Erfolg. Doch dieses Modell ist in Gefahr.

2012 ist die GPS mit einem Wohnangebot für Kinder und Jugendliche mit dem größten Förderbedarf gestartet. Im „Windrad 5“ leben seitdem junge Menschen mit stark herausforderndem Sozialverhalten, teils mit schweren geistigen Behinderungen. Sie brauchen einen deutlich höheren Personalschlüssel – rund um die Uhr. Der Leistungsschlüssel, also das, was der Kostenträger dem Träger letztlich zahlt, gibt das aber nicht her. Selbst in der höchstmöglichen Einstufung ist das, was Stadt oder Landkreis für die Betreuung des Menschen zahlt, nur ein Bruchteil dessen, was sie tatsächlich kostet.

Und nicht nur das: Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter erlischt der Anspruch auf einen Platz im Heilpädagogischen Wohnen für Kinder und Jugendliche – und somit auch in dieser speziellen Gruppe. Aktuell gibt es niedersachsenweit aber kein Folgeangebot. Reguläre Wohnheime kommen aufgrund des zu niedrigen Personalschlüssels nicht in Frage. Es bleibt nur der Weg in die Forensische Psychiatrie – Kliniken, in denen sie gemeinsam mit Straftätern im Maßregelvollzug untergebracht sind.

„Das will natürlich keiner“, sagt Oliver Lottke. Der Vorsitzende des Sozialausschusses des niedersächsischen Landtags weiß um die Probleme und die weit über 100 Menschen, die im Land nicht versorgt sind. Gemeinsam mit dem hiesigen Abgeordneten Marten Gäde (SPD) war er zu Gast bei der GPS, um sich einen Lösungsvorschlag anzuhören: „Wir möchten ein Angebot für Erwachsene vorhalten“, sagte GPS-Geschäftsführer Klaus Puschmann, „aber dafür brauchen wir eine Vereinbarung mit dem Land, damit die Kosten getragen werden“.

Im Gegensatz zu anderen Menschen mit Behinderungen, die in Wohnheimen leben und morgens zur Arbeit in die Werkstatt, Tagesförderstätte oder auf einen Außenarbeitsplatz fahren, ist das für diesen speziellen Personenkreis zumindest zu Beginn nicht möglich. „Wir brauchen Wohnen und Tagesstruktur auf einem Gelände“, erklärt Petra Mingo, pädagogische Leitung bei der GPS. Zudem brauche es unter anderem psychologische Begleitung und einen Interventionsdienst. Ohne entsprechende Vereinbarung mit dem Land würde die GPS auf Kosten im sechsstelligen Bereich sitzen bleiben – für einen Träger, der wirtschaftlich arbeiten muss, ist das nicht machbar.

Aktuell werden Menschen mit Behinderungen nach Schweregraden in fünf Hilfebedarfsgruppeneingeteilt. Danach richtet sich, wie viel der Kostenträger für den Platz im Wohnheim zahlt. Für diesen Personenkreis sind die Kosten aber tatsächlich höher. Laut Lottke könnte es ein Ansatz sein, die notwendige Betreuung über das persönliche Budget zu zahlen, das jedem Menschen mit Behinderung zusteht. Die Beantragung sei aber überaus mühsam, wandte Mingo ein, schon weniger umfangreiche Betreuungsleistungen müssten von den Betroffenen vehement durchgesetzt werden. Kosten in diesem Rahmen würden kaum getragen. Das ist auch Lottke und Gäde bewusst. Beide sind selbst Sozialarbeiter, konnten den Einwand durchaus nachvollziehen und versprachen, das Thema mit nach Hannover zu nehmen.

Bis dort womöglich eine Lösung gefunden wird, leben im „Windrad 5“ der GPS weiterhin Menschen, die dort eigentlich gar nicht mehr hingehören: Erwachsene mit Mitte 20, für die es aktuell keine Alternative gibt. Das Problem: Sie blockieren Plätze für Kinder, denen niedersachsenweit kein anderes Angebot gemacht werden kann. „Diese Menschen sind da und sie müssen betreut werden“, macht Puschmann deutlich. Doch statt sie – wie bisher – in die Forensik zu geben, müsse ein Angebot finanziert werden, das ihnen die Chance auf ein gutes Leben bieten kann.

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