Laut sein für den Freiwilligendienst

FSJler*innen aus ganz Niedersachsen kamen zum Sprecher*innentag bei der GPS zusammen

Auf die Erleichterung folgte Ernüchterung: Obwohl es erst hieß, dass die Streichungen beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) im Bundeshaushalt vom Tisch sind, müssen die Träger im Zyklus 2024/25 nun doch mit 7,5 Prozent weniger klarkommen. Das ist zwar eine deutlich geringe Kürzung als zunächst befürchtet. Da die Kosten zugleich aber gestiegen sind, muss nun nach Einsparpotenzial gesucht werden.

Die Finanzierung für den Zyklus 2025/26 ist allerdings weiter ungewiss. Für die Träger sind diesen Entscheidungen von Jahr zu Jahr eine große Unsicherheit – und ein Grund, um weiter laut zu sein und für das FSJ zu kämpfen. Doch alleine geht das nicht, die Politik muss mit ins Boot, um die Lobbyarbeit an den richtigen Stellen zu platzieren. Einen guten Anlass bot dazu das landesweite FSJ-Sprecher*innentreffen. Dabei kommen einmal in Jahr die Sprecher*innen der Träger in Niedersachsen zusammen. Der Ort wechselt, in diesem Jahr war es die GPS Wilhelmshaven.

Zu Gast in der Runde war der SPD-Landtagsabgeordnete Marten Gäde. Seine Fraktion spreche sich entschieden gegen die Kürzungen beim FSJ aus, versicherte er. Gäde ist selbst Sozialpädagoge und weiß um die Bedeutung der Freiwilligen für die verschiedenen Angebote und Einrichtungen.

Der breiten Öffentlichkeit ist eben diese Bedeutung nicht bewusst, bemängelten die FSJler*innen. Es werde zu selten gezeigt und anerkannt, was im Freiwilligendienst tatsächlich geleistet werde. „Wüssten das alle, wären Kürzungen gar kein Thema“, war sich die Runde sicher. In vielen Einrichtungen sei der Alltag ohne die Hilfe der jungen Menschen nicht zu leisten. Sie springen bei Personalmangel ein, sind oft nicht nur als Unterstützer, sondern als volle Kräfte eingeplant – und werden als diese auch dringend gebraucht. „Die Aufgaben sind viel und herausfordernd“, betonte eine Sprecherin, „aber von Bekannten hörst Du dann: Du spielst ja nur mit den Kindern. Da fehlt eindeutig die Wertschätzung für unsere Arbeit.“

Ein wichtiges Thema des Sprecher*innentreffens war der Verdienst. FSJler*innen bekommen nur ein Taschengeld. Davon leben können sie in der Regel nicht. Der wichtige Einsatz für die Gesellschaft werde so zu einem Privileg, das sich Kinder einkommensschwacher Eltern nicht leisten können, bemängelte die Gruppe. Zudem werde das Taschengeld auf das Bürgergeld angerechnet – bei einem Minijob ist das nicht der Fall.

Erschwerend komme hinzu, dass viele Berufsberater*innen und Lehrer*innen an Schulen das FSJ gar nicht auf dem Schirm haben oder sogar davon abraten. Als vertane Zeit, die später in der Rente fehle, wurde es einem Sprecher gegenüber bewertet. Um dem entgegen zu wirken, ist das FSJ-Team der GPS in den Schulen der Region aktiv, verteilt Info-Material und versucht, Schüler*innen davon zu überzeugen, wie wertvoll dieser Dienst für sie selbst, ihre Zukunft aber auch für die Gesellschaft ist. Zudem schafft die GPS auch finanzielle Anreize, finanziert ihren FSJler*innen etwa den Führerschein.

„Wir müssen den Freiwilligendienst aufwerten“, sagte auch Marten Gäde. Er stimmte den Sprecher*innen zu, die nicht verstehen konnten, warum beim FSJ gespart werden soll, auf der anderen Seite aber darüber nachgedacht wird, den Zivildienst wieder ins Leben zu rufen. „Ein FSJ soll zum Austesten sein, nicht überfordern oder erzwungen sein“, sagte er. Nur dann sei der Dienst ein tolles Instrument, um dem Fachkräftemangel im sozialen Bereich entgegen zu wirken. Er glaube nicht, dass es einen verpflichtenden Dienst mit der aktuellen Regierung geben werde. Umso wichtiger sei es, weiterhin auf das FSJ und vernünftige Rahmenbedingungen für die jungen Menschen aber auch für die Träger zu setzen. Denn eins wurde beim Sprecher*innen treffen mehr als deutlich: Verlieren die Einrichtungen die FSJler, wird es flächendeckend große Probleme bei sämtlichen Angeboten im sozialen Bereich geben.

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