„Ich glaube, die Decke hängt durch“, hatte ein Kollege vor etwa einem Jahr zu Daniela Burr, Leiterin der Werkstatt in Jever, gesagt. Sie ließ daraufhin einen Gutachter kommen. Der nahm das Gebäude genau unter die Lupe. Das Ergebnis lautete: Der Kollege hatte Recht. Zwar besteht keine akute Gefahr, doch die Situation muss behoben werden.
Seither ist viel geschehen. Nachdem der Kostenvoranschlag für ein neues Dach extrem hoch ausfiel, fiel der Entschluss, bei der Weiterentwicklung der Werkstatt größer zu denken. Themen wie eine energetische Sanierung, eine eigene Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung, mehr Platz und Digitalisierung kamen auf den Tisch. Denn nicht nur ist das alte Gebäude in Teilen nicht gedämmt, der Platz wird auch langsam knapp.
Als die Werkstatt 1981 eröffnet wurde, war sie für 150 Beschäftigte konzipiert worden. Mittlerweile arbeiten aber 250 Menschen in den verschiedenen Abteilungen der Werkstatt. Ein Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde im Laufe der Jahre dazu gekauft, ein Bereich für die Tagesförderstätte ans Hauptgebäude angebaut und eine kleine Gruppe nach Barkel ausgelagert. Dennoch: es ist eng.
Am Ende der Überlegungen stand die Entscheidung, einen Architektenwettbewerb auszuschreiben. „Den hat schließlich das Büro ,Piltz + Berends‘ aus Jever gewonnen“, sagt Daniela Burr. Die Architekten haben einen Entwurf vorgelegt, der alle Beteiligten angesprochen hat. „Das ist ein tolles Raumkonzept, in dem wir unser Arbeitskonzept gut umsetzen können.“
Die Architekten haben auch den erhöhten Bedarf an sanitären Anlagen berücksichtigt. „Unsere Beschäftigten werden immer schwächer. Deshalb brauchen wir mehr Pflegebäder, damit es nicht zu Staus kommt“, erläutert Daniela Burr. In der Bauphase wird sich gerade das aber wohl kaum verhindern lassen. Denn bevor gebaut werden kann, muss zunächst der Großteil des alten Gebäudes abgerissen werden und zwar bei laufendem Betrieb. „Nur der alte Produktionsbereich im hinteren Teil bleibt stehen, und davon auch nur die Betonpfeiler“, erklärt Daniela Burr.
Insgesamt wird das ganze Projekt nach bisherigem Stand 8,4 Millionen Euro kosten. Die GPS wird diese Summe zu 60 Prozent aus Bankdarlehen finanzieren und zu 40 Prozent aus Eigenmitteln stemmen. Nachdem die Gesellschafterversammlung den Plänen zugestimmt hat, kann es nun losgehen. Im Moment läuft noch die Planungsphase. Der erste Spatenstich könnte dann im kommenden Frühjahr erfolgen. Und dann geht es zunächst los mit dem Teilabriss, bevor Bauabschnitt für Bauabschnitt neu aufgebaut wird.
Im ersten Bauabschnitt entstehen Küche und Speisesaal im Erdgeschoss. Darauf wird eine weitere Etage entstehen, in der die Verwaltungsräume geplant sind. Außerdem eine Mediathek, ein Büro für den Werkstattrat sowie für die Frauenbeauftragte und ein großer Besprechungsraum. Im zweiten und dritten Schritt werden der alte Verwaltungstrakt und in Teilen der alte Produktionsbereich abgerissen und neu aufgebaut beziehungsweise grundsaniert.
Am Ende wird die Werkstatt auch beim Thema Digitalisierung deutlich besser dastehen, als jetzt. Denn: „Wir haben noch nicht überall W-Lan“, sagt Daniela Burr. Im Neubau wird es in den Arbeitsbereichen digitale Whiteboards geben, so dass auch die Anleitung der Beschäftigten auf einen modernen Standard gehoben werden kann.
Nicht nur das bauliche Problem mit dem alten Gebäude zwinge die GPS zum Handeln, sagt Daniela Burr: „Es ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr, dass die Menschen in eine Werkstatt für behinderte Menschen kommen, um dort zu arbeiten. Es gibt inzwischen auch andere Möglichkeiten. Wir müssen uns modern und attraktiv aufstellen.“
Bei den Planungen wurden die Wünsche und Anregungen der Beschäftigten berücksichtigt. Und das Ergebnis der Architekten stößt auf viel Begeisterung. „Die Pläne kommen richtig gut an. Alle freuen sich darauf“, sagt Daniela Burr. Das einzige, was bei der Leiterin der Werkstatt gemischte Gefühle hervorruft, ist der Gedanke an den Baulärm. „Wir wissen natürlich nicht, wie unsere Beschäftigten darauf reagieren werden.“ Doch sie sieht es praktisch: „Da müssen wir durch – wir wissen ja wofür es gut ist.“