„Diese Menschen tun uns allen gut“, sagte Klaus Puschmann bei der Verleihung des Gerhard-Haack-Preises. Gemeint waren die Nominierten, die zur Feierstunde ins Wilhelmshavener Gorch-Fock-Haus gekommen waren. Bei einer emotionalen Veranstaltung zeichnete der GPS-Geschäftsführer ein Team und zwei Einzelpersonen für ihr ehrenamtliches Engagement aus.
Dabei wurden die Gewinner*innen nicht einfach nur verlesen. In Videos kamen Nominierende und Wegbegleiter*innen zu Wort. Sie schilderten eindrucksvoll und mit viel Gefühl, welche Bedeutung die Ehrenamtlichen in ihrem Leben haben. Das waren echte Gänsehautmomente.
„Es sind ganz tolle Ehrenamtliche, die ganz tolle Ideen haben, immer dabei sind und ganz tolle Arbeit leisten“, hieß es im ersten Video. Als dann die Namen der Mitglieder des „Treffs am Samstag“ auftauchten, konnten die vier Gewinner*innen das zuerst gar nicht fassen. Seit über 15 Jahren haben sie ein Freizeitangebot für die Bewohner*innen der Wohnstätte Tannenhof organisiert. Mit viel Freude, Engagement und Herzblut haben sie Abwechslung und Spaß in den Alltag der Bewohner*innen gebracht. „Das ergibt sich einfach so“, sagte ein sichtlich berührter Rudi Nauhauser als er den Preis entgegennahm. „Wenn man einmal dabei ist, merkt man, wie viel Spaß es allen macht.“ Geehrt wurde er gemeinsam mit seiner Frau Martina Nauhauser sowie Manfred Weetz und Helga Deichsel.
Verliehen wurden insgesamt drei Preise, jeweils dotiert mit 2000 Euro. Zudem gab es einen wunderschönen Holzpokal, der im BBV Wilhelmshaven/Friesland gefertigt wurde. Alle GPS-Werkstätten und Berufsbildungszentren waren im Vorfeld dazu aufgerufen worden, einen Entwurf für die Trophäe einzureichen. Die Gewinner*innen durften nicht nur den Pokal fertigen, sie bekommen als Dankeschön einen Kino-Besuch für die gesamte Einrichtung.
Im zweiten Video wurde es dann wieder richtig emotional: „Sie hat stets ein offenes Ohr, eine fürsorgliche und emphatische Art und setzt sich mit viel Leidenschaft, Herz und Wissen ein“, beschrieben die Mitglieder der Selbsthilfegruppe für Eltern behinderter und chronisch erkrankter Kinder die Preisträgerin. „Sie brennt für die Sache“, hieß es weiter, aber auch: „Sie war immer für uns da, hat in den schwersten Stunden geholfen. Daraus ist eine wunderbare Freundschaft entstanden.“ Nach dem Statement eines Wegbegleiters, dem die Gewinnerin nach dem Tod seiner Mutter geholfen hatte, erschien die Kachel mit dem Namen Cornelia Peichert an der Wand. Ein Moment, in dem sich im Publikum viele verstohlen über die Augen wischten.
„Ich hätte damit nie gerechnet“, sagte Cornelia Peichert sichtlich gerührt. Sie könne gar nicht anders als anpacken: „Ich gehe kaputt, wenn ich nicht rausgehe und unterstütze, obwohl es möglich wäre.“ In ihren zahlreichen Projekten und Aktionen (siehe unten) hat sie das bereits eindrucksvoll bewiesen. Vielleicht könne sie so eine Art Vorbild sein: „Wer Lust hat, geht den Weg mit mir“, ermunterte sie alle, sich ebenfalls zu engagieren. Eine Möglichkeit bietet das Projekt, für das sie ihr Preisgeld einsetzen wird: „Kunst, eine Brücke FÜR ALLE“. Menschen mit und ohne Behinderung entdecken dabei gemeinsam Kultur, sind kreativ – und wachsen fast nebenbei zusammen.
Im dritten Video kamen die Befragten über die Preisträgerin regelrecht ins Schwärmen. „Meine Theaterlehrerin ist richtig cool“, hieß es. Sie organisiere Fahrten, habe eine tolle Art. „Ich fand sie schon cool als ich sie zum ersten Mal gesehen habe.“ Sie habe gezeigt, was trotz Handicap alles möglich sei, habe das Selbstbewusstsein der Menschen mit Behinderung gestärkt. Mit ihrer selbstlosen und grenzenlosen Art habe sie viel bewirkt – und dabei nie ihre mitreißende Fröhlichkeit verloren.
Was damit gemeint war, wurde sofort klar als die Gewinnerin Andrea Thesing die Bühne betrat. Strahlend und mit großer Freude nahm sie den Pokal entgegen. „Ich bin so stolz und glücklich, dass ich diese Menschen 43 Jahre lang begleiten durfte“, sagte sie. Den Grundstein für Ihr Engagement sieht sie in ihrer Kindheit: „Ich bin in der Contergan-Zeit geboren. Die Menschen, die ich kennengelernt habe, haben mich geprägt.“ Seit über vier Jahrzehnten setze sie sich nun für Inklusion ein. „Es ist ein langer Weg und es geht nur Schritt für Schritt“, sagte sie. Diese Preisverleihung sei einer der Lichtblicke, die es auf dem langen Weg immer wieder gebe. „Und das macht einfach Spaß.“
Die Gewinner im Überblick:
Treff am Samstag – Rudi und Martina Nauhauser, Manfred Weetz und Helga Deichsel
Martina und Rudi Nauhauser, Manfreds Weetz und Helga Deichsel haben mit dem „Treff am Samstag“ viele schöne Stunden für Menschen mit Behinderung gestaltet, organisiert und begleitet. Mit diesem Freizeitangebot haben sie es den Teilnehmer*innen ermöglicht, in den Austausch zu kommen, Freundschaften zu schließen und am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben.
Das Team hat über 15 Jahre lang monatlich den „Treff am Samstag“ in der Wohnstätte Tannenhof organisiert. Es gab Spielenachmittage, Bastelangebote, gemeinsame Feste und vieles mehr. Zusätzlich wurden Ausflüge, Spaziergänge oder Besuche von Konzerten oder Veranstaltungen unternommen.
Von Anfang an haben sie dabei mit sehr viel Freude, Engagement und Liebe für viele schöne und besondere Momente für die Teilnehmenden gesorgt.
Andrea Thesing:
Andrea Thesing bringt seit über 40 Jahren Freude, Spaß und Ablenkung in das Leben von Menschen mit Behinderung. Mit ganz viel Liebe, Zeit und Geduld bietet sie ihnen einen Platz in der sozialen Gesellschaft an und stärkt damit ihre Interessen und ihr Selbstbewusstsein. In den verschiedenen Freizeitangeboten schenkt sie ihren Teilnehmer*innen unvergessliche Momente.
Im Jahr 1981 startete Andrea Thesing mit einem Freizeitclub und gründete später die Theatergruppe „Wildwuchs“, die sie noch heute leitet. Außerdem gründete sie den Verein „Kultur schafft Brücken“, mit dem sie seither Freizeitangebote für Menschen mit Behinderung organisiert. Bis 2022 war sie zudem Sprachlotsin des „Lotsenvereins Friesland“.
Darüber hinaus setzt sich Andrea Thesing für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein und zeigt als Botschafterin für „UNICEF“ die bunte Vielfalt unserer Gesellschaft.
Cornelia Peichert:
Cornelia Peichert verfolgt mit großem Engagement das Ziel, für Menschen mit Behinderung mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Ob in der Elternarbeit, Kultur oder Politik: Mit Beharrlichkeit, Organisationstalent, Freude und Leidenschaft setzt sie sich für andere ein und steht ihnen zur Seite.
Seit 35 Jahren betreibt Cornelia Peichert Selbsthilfegruppen für Eltern von Kindern mit Behinderungen. Sie unterstützt unter anderem bei Behördenaktivitäten, organisiert Freizeitaktivitäten und schenkt Familien besondere Momente.
Darüber hinaus ist Cornelia Peichert ehrenamtliche Kulturbegleiterin und bietet in ihrem eigenen Projekt „Kunst – Eine Brücke FÜR ALLE“ eine inklusive Plattform für Menschen, die Spaß an Kreativität haben. Zudem unterstützt sie seit Jahren die „Sozial Psychiatrischen Filmtage“ und hat für 2024 die Leitung und Organisation des Kino-Festivals übernommen.
Cornelia Peichert vertritt in Selbsthilfekontaktstellen die Belange von Menschen mit Behinderung und betreut den politischen Stammtisch der Lebenshilfe. Damit sichert sie die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen.