Der Tod ist schwer zu ertragen. Und schwer zu verstehen. Was passiert mit dem geliebten Menschen – oder mit einem selbst? Worte sind dafür schwer zu finden. Vor allem dann, wenn sie jemandem die Situation erklären sollen, der eine geistige Behinderung hat. Andreas Retzlaff hat sich genau das zur Aufgabe gemacht. Seit vielen Jahren engagiert er sich ehrenamtlich in der Hospiz-Arbeit. Er begleitet Menschen durch ihre Trauer oder bis zu ihrem eigenen Tod. Für diesen Einsatz und seine vielen weiteren Ehrenämter wurde er jetzt mit dem Gerhard-Haack-Preis der GPS Wilhelmshaven ausgezeichnet.
Andreas Retzlaff ist einer von drei Preisträgern, die bei der diesjährigen Verleihung in Bad Zwischenahn geehrt wurden. Auch Dieter Albers erhielt den mit je 2000 Euro dotierten Preis. Er ist ein Leuchtturm der Inklusion im Ammerland. Über Jahrzehnte hat er sich dafür eingesetzt, dass Menschen mit Behinderung so selbstbestimmt wie möglich Leben können. Er hat unter anderem die „Assistenz zur Teilhabe“ etabliert und so den Zugang zu einer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für viele Menschen möglich gemacht.
Als dritter Preisträger wurde der Wilhelmshavener Jan Kleen ausgezeichnet. Er selbst hat eine Behinderung und trägt durch seine Ehrenämter und sein offenes Auftreten dazu bei, Hemmschwellen abzubauen. Jan Kleen ist regelmäßig in der Stadt unterwegs und sammelt Müll, den andere Menschen liegengelassen haben. Außerdem engagiert er sich gegen Intoleranz und Mobbing und lebt als ehrenamtlicher Betreuer einer Fußball-Mannschaft Teilhabe und Inklusion.
„Ihr macht die Welt ein kleines Stück besser“, hatte GPS-Geschäftsführer Klaus Puschmann den insgesamt 15 Nominierten zum Auftakt der Preisverleihung zugerufen. Sie alle tragen mit ihrem Einsatz und ihren Projekten dazu bei, dass Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Und sie alle hätten den Preis fraglos verdient gehabt. Am Ende war es die schwierige Entscheidung einer inklusiven Jury, wer die Auszeichnung und das damit verbundene Preisgeld mit nach Hause nehmen durfte.
Nach dem Auftakt in Wilhelmshaven, wurde der Preis in diesem Jahr im Ammerland verliehen. In der Wandelhalle in Bad Zwischenahn läutete das inklusive Musikprojekt „Wi koomt tohoop“ die feierliche Veranstaltung ein. Die Musiker aus der Dorfschule Mansie und der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Westerscheps begeisterten das Publikum unter anderem mit einem besonderen Zeichen für den Frieden: Sie sangen ihre eigene Version von John Lennons Klassiker „Give peace a chance“. Das Projekt der artec ammerland, der Musikschule Notenschlüssel und der Klangwerkstatt ist von der Aktion Mensch gefördert.
„Es war die Vision von Gerhard Haack, dass alle Menschen gleich behandelt werden“, sagte Klaus Puschmann. Haack gründete die GPS in den 1960er Jahren mit der ersten beschützenden Werkstatt in Wilhelmshaven. Seitdem ist daraus ein großer Träger mit über 60 Einrichtungen in der Jadestadt, Friesland und dem Ammerland geworden. In seiner Rede erinnerte sich der Sozialdezernent des Landkreises Ammerland, Ingo Rabe, an die Zusammenarbeit mit Haack. Außerdem zeigte er sich tief beeindruckt vom Engagement der Nominierten: „Was hier ehrenamtlich geleistet wird war mir so gar nicht bekannt.“
„Ehrenamt macht den Unterschied“, machte dann Rainer Flinks vom Vorstand des Paritätischen Niedersachsen deutlich. „Sie zeigen uns was möglich ist, wenn sich Menschen für andere einsetzen.“ Dank der Menschen, die für den Preis nominiert waren, werde Inklusion umsetzbar. „Und sie macht unsere Gesellschaft besser.“
Wer den Preis gewonnen hat, verkündeten schließlich Wegbegleiter in Videobotschaften. So kamen bei Jan Kleen unter anderem Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist und seine Fußballmannschaft zu Wort. Die lobenden Worte sorgten nicht nur bei ihm für Freudentränen. Auch im Publikum wischte sich manch einer verstohlen über die Augen.
Für Gänsehaut sorgte auch Musiker Philipp Theesfeld, der mit seiner Gitarre und wunderbarer Stimme bekannte Hits wie „Applaus, Applaus“ von den Sportfreunden Stiller oder „Wind of change“ von den Scorpions performte. Zum Abschluss begeisterte die GPS-Band „The Voice of artec“ im Foyer, während das Service-Team der GPS den Gastronomen beim Sekt-Empfang unterstütze.
„Ihr alle zeigt: Zusammenleben ist möglich“, gab Klaus Puschmann den Gästen zum Abschied mit auf den Weg. „Man muss es nur wollen.“