Begeisterungsstürme hat Lilli Wenzel zunächst nicht erlebt, aber damit hatte sie auch nicht gerechnet. Die staatlich geprüfte Hauswirtschafterin hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Ernährung der Kinder und Jugendlichen, die in der Wohngruppe „Die Schwalben“ in Moorwarfen zu Hause sind, umzustellen. Statt abgepackter Croissants und Schokobrötchen zum Frühstück nun also Müsli. „Die Kinder waren zuerst skeptisch, dann aber auch neugierig. Mittlerweile ist die Müsli-Box ein tägliches Highlight“, sagt die 40-jährige nicht ohne Stolz. Dass sie die jungen Bewohner*innen von diesem Frühstücksangebot überzeugen konnte, ist ein toller Erfolg.
Die Einführung der Müsli-Box war ein Teil einer Reihe von Ideen, die Lilli Wenzel für die Schwalben hatte. Als sie im vergangenen Jahr aus dem Kindergarten „Deichkieker“ zu den Schwalben wechselte, hatte sie bereits mit dem Meisterkurs der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer begonnen. Teil des Kurses war ein Projekt, dass sie sich selbst ausdenken und umsetzen musste. Lilli Wenzel machte die Ernährung bei den Schwalben sowie das Thema Digitalisierung und Lebensmittelbudget zu ihrem Projekt und stieß damit bei ihrem Team auf Begeisterung. „Sie alle fanden es gut und haben mich von Anfang an unterstützt“, sagt sie.
Lilli Wenzel schaffte To-Go-Becher an, in denen sich die Bewohner*innen ihr Müsli für die Schule zubereiten können. „Das machen sie inzwischen auch sehr gerne“, sagt sie. Weizennudeln wurden von der Speisekarte gestrichen und gegen Vollkornprodukte ersetzt. „Auch das hat etwas Überzeugungsarbeit gebraucht“, sagt sie augenzwinkernd. Linsen- statt Fleisch-Bolognese stieß bei den Jungen und Mädchen zunächst ebenfalls auf wenig Gegenliebe. „Ich musste langsam herausfinden, was ihnen schmeckt“, sagt die Hauswirtschafterin.
Um die Akzeptanz und auch das Verständnis der Kinder zu stärken, bot sie Kochkurse zu bestimmten Themen an. Immer mit nur einem oder zwei Bewohner*innen befasste sie sich dabei unter anderem mit den Themen Fleischersatzprodukte, verschiedene Mehlsorten, Zucker oder ähnlichem. „Das hat ihnen Spaß gemacht und sie sind motivierter, auch mal selbst etwas zu kochen“, sagt sie.
Zum Projekt gehörte auch das Thema Lebensmittelbudget. So wurden die Einkaufs- und Essgewohnheiten angepasst. „Es gibt nur ein- bis zweimal die Woche Fleisch und einmal Fisch. So kommt man dann auch mit dem Budget hin, obwohl man hochwertigere Lebensmittel einkauft“, sagt sie.
Der dritte Punkt auf ihrem Projektplan war das Thema Digitalisierung. Zum Einkaufen wird bei den Schwalben nun zum Beispiel kein klassischer Einkaufszettel mehr geschrieben, sondern eine App genutzt. Ein spezielles Gerät misst automatisch regelmäßig die Temperaturen in den Kühlgeräten. Die Werte können dann über eine App gesammelt als Tabelle abgelegt werden.
„Das ist eine riesen Erleichterung“, sagt Lilli Wenzel. Und sie hat noch viele weitere Ideen, wie die Digitalisierung in der Hauswirtschaft helfen könnte.
Ihre Meisterprüfung hat die gebürtige Bayerin mit der Note 1,3 bestanden. Ende Oktober überreichte der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Gerhard Schwetje, ihr in Hannover ihren Meisterbrief. Ohne die Unterstützung des Teams der Schwalben und die gute Mitarbeit der Kinder und Jugendlichen hätte sie ihr Projekt nicht so erfolgreich umsetzen können, sagt die Meisterin der Hauswirtschaft: „Dafür möchte ich mich bei allen ganz herzlich bedanken“!