Mit viel Begeisterung zu den „Special Olympics“ gesegelt

Phil-Mattis Leiß liebt und lebt seinen Sport – mit sehr großem Erfolg

Lässig schiebt Phil-Mattis Leiß den Trailer mit dem Katamaran Richtung Wasser. „Jetzt geht es los“, ruft er und strahlt übers ganze Gesicht. Sein Vater, Hans-Jürgen Leiß, wirkt ein wenig konzentrierter. Er läuft vorne neben dem Boot, steuert es gekonnt über die Wiese, gibt klare Anweisungen. Schon an Land wird deutlich: die beiden sind ein eingespieltes Team. „Ich mach das gerne mit Papa“, sagt Phil-Mattis Leiß und lächelt wieder. Sein Vater schaut ihn an, ein Blick gemischt aus Liebe und Stolz. Gemeinsam haben die beiden schon viel erreicht – sportlich und für die Inklusion.

Der Weg zum Segelsport war für Phil-Mattis Leiß fast vorgegeben. Sein Vater ist leidenschaftlicher Segler, Phil-Mattis ältere Geschwister haben im Kindesalter damit angefangen. Wie selbstverständlich saß auch er mit acht Jahren das erste Mal in einer Segeljolle, mit 13 Jahren segelte er in einem Opti alleine – sein Vater im Schlauchboot daneben. Diese Sicherheit braucht er, denn Phil-Mattis Leiß ist mit Trisomie 21 geboren. Sein Vater hat ihm das Segeln und vor allem die schwierigen Fachbegriffe auf seine Art beigebracht. „Wir haben uns auf leichtere Wörter verständigt“, erklärt er. Wie gut das funktioniert, haben die beiden längst bewiesen. Als Team treten sie auf Regatten an – mit überragendem Erfolg.

Zahlreiche Trophäen haben die beiden bereits gewonnen, sind bei vielen Wettbewerben angetreten. Bisheriger Höhepunkt ihrer Karriere waren die „Weltspiele von Special Olympics“ im vergangenen Jahr als eines von drei deutschen Teams. Nach einer Goldmedaille im Anerkennungswettkampf im Herbst 2022 segelten sie bei den Weltspielen zur Bronzemedaille. Angetreten sind sie im Level-2-Wettbewerb. Der Sportler mit Behinderung sitzt dabei am Steuer und trägt die Hauptverantwortung. Die Begleitperson assistiert ihm nur. Zum Vergleich: Im Level 1 assistiert der Segler mit Behinderung, die Begleitperson steuert. In Level 3 segeln zwei Sportler mit Behinderung allein, die Begleitperson überwacht sie passiv.

Neben den Wettkämpfen an sich hatten sie bei den „Special Olympics“ aber vor allem eine ganz besondere Zeit: Vom Einkleiden über die Eröffnungsfeier bis zum Austausch mit den anderen Teilnehmer*innen gab es viele Momente, die in Erinnerung bleiben werden. Phil-Mattis rückte nicht nur sportlich, sondern auch medial in den Mittelpunkt: Ein Fernseh-Team drehte einen berührenden Beitrag über ihn (siehe QR-Code) und er wurde als eines von vier Gesichtern für eine Plakat-Aktion ausgewählt.

Wer so erfolgreich ist, muss natürlich trainieren. Für das Team steht dabei vor allem der Spaß im Mittelpunkt. Zudem ist das Segeln für Hans-Jürgen Leiß eine gute Möglichkeit, die Fähigkeiten und die Selbstständigkeit seines Sohnes zu fördern. „Ich bin zwar dabei, er ist aber derjenige, der die Pinne führt“, erklärt er und schlägt damit die Brücke zu einem weiteren Sport, den sein Sohn mit Leidenschaft betreibt: Das Tanzen. „Und auch da führt er mit viel Begeisterung.“

Angefangen hat Phil-Mattis Leiß mit einem Tanzkurs, den er zur Konfirmation bekommen hat. 16 Jahre war er damals. Seitdem ist er zwei Mal in der Woche in der Tanzschule von Oehsen, nimmt dort am regulären Unterricht teil. Mit seiner Tanzpartnerin Nike Baumert tritt er bei Wettkämpfen an – war zuletzt auch in dieser Disziplin bei den „Special Olympics“ erfolgreich. Getanzt haben die beiden in Osnabrück den Langsamen Walzer, den Wiener Walzer und den Discofox. Am Ende gab es den Gesamtsieg in allen drei Kategorien.

Auch am Hip Hop hat sich der 27-Jährige versucht. Die Schrittfolgen waren dann aber doch ein wenig schnell in der Gruppe. Zudem hat er die größte Freude daran, gemeinsam auf dem Parkett zu stehen. Und dass nicht nur mit Nike Baumert. „Auch die anderen Frauen aus seinem Kurs tanzen sehr gerne mit ihm“, sagt sein Vater. Das ist gelebte Inklusion, findet er.

Inklusion war es auch, die Phil-Mattis Leiß schließlich zu seinem dritten sportlichen Hobby führte: Dem Drachenbootfahren. Mit der Lebenshilfe trat er vor einigen Jahren beim „Wochenende an der Jade“ an. „Leider gab es nur die Rote Laterne“, erzählt sein Vater. Doch der Ehrgeiz war geweckt: Mittlerweile wird das Team „Inklusion“ der Lebenshilfe regelmäßig durch die Sea Warriors Wilhelmshaven trainiert, längst wurde ein eigenes Boot in Kooperation mit der Lebenshilfe gekauft und die Technik perfektioniert. „Wir treten mittlerweile erfolgreich bei Wettbewerben an“, sagt Hans-Jürgen Leiß. Klar ist: wenn die beiden etwas machen, dann richtig. „Er zieht mich da immer mit rein“, sagt der Vater und lacht. Phil-Mattis grinst und nickt. „Macht ja auch Spaß mit Dir“, sagt er – mit einem Blick gemischt aus Liebe und Stolz.

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