Viele Menschen kennen das. Andere kommen ihnen in alltäglichen Situationen viel zu nahe, sie drängeln sich an der Kasse im Supermarkt vor, beschimpfen sie vielleicht oder berühren sie sogar. Für Menschen mit Behinderung ist es in solchen Momenten besonders schwer, sich gegen das übergriffige Verhalten ihres Gegenübers zu wehren. Häufig fehlt es am nötigen Selbstvertrauen, sich in solch unangenehmen Situation zu behaupten.
So ging es auch Sandra Pötsch. Die 47-Jährige ist Beschäftigte in der Werkstatt für behinderte Menschen in Wilhelmshaven. „Ich habe schon öfter schlechte Erfahrungen gemacht und wurde belästigt. Da habe ich Angst und Panik bekommen und wusste nicht, was ich machen soll“, erzählt sie. Als der Sozialdienst der Werkstatt im Februar einen Präventionskurs unter dem Motto „Stopp Gewalt gegen Frauen“ anbot, hat sich Sandra Pötsch sofort angemeldet. Ziel des Kurses unter der Leitung von Katja Reents von der Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland war es, den Teilnehmerinnen beizubringen, „Nein“ zu sagen, ihre Stimme zu erheben und lautstark für ihr Recht einzutreten.
All das wollte Sandra Pötsch lernen. Und sie hat es gelernt. Zwei Monate nach dem Kurs sagt sie selbstbewusst und stolz: „Ich wusste nicht, dass ich eine solche Kraft aufbringen kann und laut sagen kann ,Halt, ich will das nicht‘“, erzählt sie. Vor Kurzem sei sie wieder in eine „blöde Situation“ gekommen. Diesmal ist sie einfach weggegangen und hat sich dem Konflikt so entzogen. Das ist eine der Strategien, die sie im Kurs gelernt hat.
Sandra Sudhoff vom Sozialdienst der Werkstatt hat den Kurs begleitet und ist unheimlich stolz auf die Teilnehmerinnen. „Am Anfang waren die Frauen noch zurückhaltend. Am Ende der Projektwoche konnte man ihnen schon an ihrer Körperhaltung ansehen, dass sie selbstbewusster geworden sind.“ Sie haben gelernt, wie sie Hemmschwellen überwinden können, dass sie sich nicht verstecken müssen, sondern laut werden dürfen, wenn sie etwas nicht möchten.
Im Herbst soll es einen weiteren Präventionskurs in Zusammenarbeit mit der Polizei geben.