Dass sie in der Stadt etwas bewirken können, haben Lars Peichert, Stephan Franke und Ingo Fremy bereits erlebt: Nachdem sie gemeldet hatten, dass der Behindertenparkplatz am Valoisplatz durch den Bordstein nicht barrierefrei ist, wurde direkt nachgebessert. Einige Bordsteinkanten wurden bereits abgesenkt. Bald werden Menschen mit einem Rollstuhl oder Rollator hier keine Probleme mehr haben.
Es sind solche Themen, die die Beschäftigten der GPS bei den Treffen des politischen Stammtischs der Lebenshilfe besprechen. Vor einem Jahr wurde er gegründet, einmal im Monat kommen die drei zusammen, reden über das, was ihnen aufgefallen ist. Darüber, was in der Stadt besser sein könnte. Die Ergebnisse nimmt Lars Peichert mit in die Sitzungen des Behindertenbeirats. Seit Juli dieses Jahres ist er Mitglied in dem Gremium, das die Belange der Wilhelmshavener mit Behinderung in Politik, Verwaltung und Gesellschaft vertritt.
Der politische Stammtisch hat dementsprechend Gewicht – und steht trotzdem vor einer großen Herausforderung. Aktuell hat er nur drei Mitglieder, das soll sich in Zukunft ändern. „Es wäre schön, wenn mehr Menschen zu unseren Treffen kommen würden“, sagt der 36-jährige Lars Peichert. An jedem dritten Dienstag im Monat kommen die drei um 16 Uhr in den Räumen der Lebenshilfe, Bismarckstraße 178, zusammen. Mitmachen kann jeder Mensch mit einer Behinderung, der Lust daran hat, sich einzubringen. Um den Treffen Struktur zu geben und die Teilnehmer zu unterstützen, wird der Stammtisch angeleitet. Übergangsweise übernimmt das die Mediengestalterin Cornelia Peichert. Sie entwickelt mit dem Team Wege zur Bekanntmachung des Stammtisches.
Momentan liegt der Fokus des Stammtischs vor allem auf der Barrierefreiheit. „Wir möchten, dass es Menschen mit Handicap nicht mehr so schwer haben“, sagt Ingo Fremy. Der 53-Jährige arbeitet bei der GPS als Fahrradkurier, kommt dementsprechend viel in der Stadt herum. „Es gibt viele Stellen ohne Radwege, manchmal werden sie auch einfach unterbrochen“, bemängelt er. Und auch die Fußwege seien oft ein Problem. Menschen mit Rollator und Rollstuhl könnten an unebenen Stellen böse stürzen.
„Unsere Aufgabe ist es, Schwachstellen aufzuzeigen“, sagt Lars Peichert. Allerdings habe man bei der geringen Teilnehmerzahl den Blick natürlich nicht überall. „Jeder, dem etwas auffällt, kann es uns melden“, erklärt er. Bei der Arbeit in der GPS bekommen die drei oft Hinweise von anderen Beschäftigten. Aber auch jeder andere könne sich an den Stammtisch wenden – wenn gewünscht, werden die Hinweise anonym verwendet.
Der politische Stammtisch soll aber nicht nur Missstände aufzeigen, er soll auch das Verständnis für die Politik fördern und den Teilnehmer zeigen, wie sie Einfluss nehmen können. Da passte es gut, dass vor der Landtagswahl die hiesigen Kandidaten für eine Diskussionsrunde vorbeischauten. „Das war nicht schlecht“, sagt Stephan Franke, „wir konnten die Sachen einbringen, die uns stören. Es war ein guter Austausch.“ Die Landtagswahl habe er dann auch verfolgt, sagt der 52-Jährige. „Wir sind politisch interessiert“, macht Lars Peichert klar, „und wir möchten mit unseren Themen und Anliegen wahrgenommen werden.“ Genau das macht der politische Stammtisch möglich – und hätte durch mehr Teilnehmer noch mehr Gewicht verdient.