Der Tannenhof – Vom Armenhaus zum inklusiven Zuhause für Menschen mit Behinderung
Der Tannenhof ist die älteste Sozialeinrichtung Wilhelmshavens. Schon lange, bevor die GPS das Wohnheim in den 1970er Jahren übernahm, war es ein Zuhause für Menschen, die Unterstützung brauchten. Das Gebäude wurde im Jahr 1883 von der der damals autonomen Gemeinde Bant errichtet und am 1. November als Banter-Armen-Arbeitshaus in Betrieb genommen. Doch mit den Jahren hat es gelitten. Mittlerweile sind Teile des Gebäudes baufällig, eine Sanierung kaum mehr möglich. Bereits seit einigen Jahren steht daher der Plan im Raum, den Tannenhof anzureißen und an selber Stelle wieder neu zu bauen – moderner und so, dass er den aktuellen Anforderungen an Inklusion entspricht.
Diese Pläne sind nun aktueller denn je. Grund genug, einen Blick auf die Historie des Gebäudes zu werfen. In der Einrichtung lebten in den Anfangsjahren Kranke, Familien ohne Ernährer, Mütter mit unehelichen Kindern, große Familien ohne Unterkunft, aber auch suchtkranke Menschen oder zwangseingewiesene Jugendliche. Zu Beginn wurden 17 Menschen aufgenommen. Nachdem im Jahr 1911 Bant, Heppens und Neuende zur Stadt Rüstringen vereint worden waren, wurde das Banter Armenhaus Anlaufstelle für alle drei Ortsteile. Zudem wurde es durch eine Station für leicht pflegebedürftige Personen ergänzt. Bis zu 100 Menschen lebten zu dieser Zeit im Gebäude.
In den ersten Jahrzehnten waren die Bewohner*innen einem strengen Regiment unterworfen. Es gab eine sechs Seiten lange Hausordnung, die penibel einzuhalten war. Branntweingenuss war strikt untersagt, die Schlafsäle wurden morgens geschlossen und erst am Abend wieder geöffnet. Wer im Armenhaus lebte, musste „Arbeiten zum Besten der Anstalt“ verrichten – das galt auch für die Kinder, die nach der Schule zum Arbeiten angehalten waren.
Mit der Gründung des Paul-Hug-Kinderheims im Banter Weg 104 wurden Kinder gesondert untergebracht. Das Armenhaus wurde zum Pflegeheim für ältere oder leicht pflegebedürftige Menschen sowie für Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung.
1944 beschlagnahmte die Luftschutzpolizei das Haus, die Bewohner*innen wurden verlegt. Die Frauen kamen nach Wehnen, die Männer nach Dauelsberg. Im Oktober 1945 wurde das Haus dann wieder seiner Bestimmung zugeführt.
Im Jahr 1970 gab der Rat der Stadt Wilhelmshaven dem Haus den Namen Tannenhof. Dadurch wurde deutlich, dass die Geschichte als Armenhaus endgültig vorbei war. Der Wandel von einem Haus mit erzieherischem Charakter zu einem Ort der sozialen Betreuung war zu dieser Zeit längst spürbar.
Gänzlich vollzogen wurde er im Jahr 1976 als die GPS Wilhelmshaven den Tannenhof übernahm und einen grundlegenden Erneuerungsprozess einleitete. Das Haus diente fortan dazu, älteren Menschen mit Behinderung einen menschenwürdigen Lebensabend zu bereiten. Aus den Schlafsälen wurden Wohnräume, Bäder und Duschen wurden aus dem Anbau ins Haus verlegt, die alte Hausordnung mit den Strafbestimmungen abgeschafft. 1988 wurde noch aufwendiger umgebaut. Zusätzlich zu den Bewohner*innen im Rentenalter fanden nun auch jüngere Menschen hier ein Zuhause. Erstmals gab es für Menschen unter 60 Jahren, die nicht in einer GPS-Werkstatt betreut wurden, einen Heimplatz und somit die Chance, leichter Kontakt mit ihren Familien zu halten.